Zugegeben, der Edersee war nicht unbedingt ganz oben auf meiner Liste der Reiseziele. Doch in den letzten Zeiten hat sich bekanntermaßen unser aller Reiseverhalten etwas geändert, und so habe auch ich (wie wahrscheinlich die meisten von uns) vermehrt kleine Reisen und Ausflüge innerhalb Deutschlands unternommen. Da der Edersee nur etwas mehr als zwei Stunden Fahrt von meinem Wohnort entfernt ist, habe ich mich spontan dazu entschlossen, an einem heißen Spätsommerwochenende einen Kurzurlaub an Hessens größtem Stausee zu verbringen. Und ehrlich gesagt, trotz des leicht nostalgischen Flairs der 80er Jahre, das den Edersee umgibt, habe ich mich dort wirklich wohlgefühlt!
Der Ederstausee ist kein natürlicher See, sondern entstand erst im frühen 20. Jahrhundert mit dem Bau der Edertalsperre im gleichnamigen Fluss Eder. Er liegt in der malerischen Gemeinde Edertal im Norden von Hessen, im Landkreis Waldeck-Frankenberg, und ist von einem der größten Naturschutzgebiete Deutschlands umgeben, dem Nationalpark Kellerwald-Edersee. Darüber hinaus ist der Edersee flächenmäßig der zweitgrößte Stausee in Deutschland, was bedeutet, dass es hier eine Vielzahl atemberaubender Orte zu erkunden gibt.
Die Edertalsperre – auch als Edersee-Staumauer bekannt
Die Errichtung der Edertalsperre, auch bekannt als die Staumauer des Edersees, erfolgte in den Jahren von 1908 bis 1914 und markierte den Beginn der Entstehung des Ederstausees. Diese imposante Staumauer spielt auch heute noch eine entscheidende Rolle bei der Regulierung des Wasserstands in der Weser und dem Mittellandkanal, insbesondere in den Sommermonaten, um die Schifffahrt auf diesen Wasserstraßen zu gewährleisten. Darüber hinaus ist die Edertalsperre eine der bedeutendsten und faszinierendsten Sehenswürdigkeiten am Edersee.
Mit einer beeindruckenden Länge von 400 Metern stellt die Staumauer zweifellos ein imposantes Bauwerk dar. Interessanterweise kann man die Mauer wie eine Brücke begehen und sie als bequeme Überquerung des Edersees nutzen. Entlang der Talsperre gibt es eine Vielzahl von Hotels, Restaurants und gemütlichen Cafés, die sich perfekt für eine Pause und den Genuss der malerischen Aussicht eignen. Darüber hinaus haben sich auch mehrere Bootsverleiher in dieser Gegend niedergelassen. Wenn du also vorhast, ein Boot auf dem Edersee zu mieten (was übrigens ohne Bootsführerschein möglich ist), wirst du hier die besten Anlaufstellen finden, wie beispielsweise Edership oder Sun Fun Edersee.
Eine Bootsfahrt auf dem Edersee ist äußerst erholsam und bietet zugleich eine faszinierende Gelegenheit, mehr über die Geschichte des Sees und die versunkenen Dörfer zu erfahren, die heute als „Edersee Atlantis“ bekannt sind. Diese Dörfer wurden vor über 110 Jahren während des Baus der Edertalsperre und der Bildung des Sees geflutet. Jeden Sommer, wenn der Wasserstand niedrig ist, tauchen einige Überreste dieser historischen Orte wieder auf und gewähren uns einen Einblick in die Geschichte des Ederstausees. Vom Boot aus lassen sich einige dieser versunkenen Ortschaften sogar besser erkennen als vom Ufer aus, was die Bootsfahrt besonders lohnenswert macht. Und übrigens, der Kuchen an Bord ist auch äußerst köstlich – ein weiterer Grund, eine Rundfahrt auf dem Edersee zu genießen.
Edersee Atlantis: Die versunkenen Orte im Edersee
Im Zuge des Baus der Edertalsperre mussten die malerischen Ortschaften Asel, Berich und Bringhausen, die einst am Ufer der Eder lagen, dem aufstrebenden Edersee weichen. Die Bewohner wurden größtenteils umgesiedelt, aber einige Gebäude wurden aus verschiedenen Gründen einfach im Wasser versenkt, da eine Umsiedlung nicht immer praktikabel war. Diese untergegangenen Gebäude werden jedes Jahr während des Niedrigwassers im Sommer wieder sichtbar und sind heute als „Edersee Atlantis“ bekannt – zweifellos ein absolutes Highlight und eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten des Edersees.
Bevor ich den Edersee besuchte, nahm ich fälschlicherweise an, dass der Wasserpegel des Edersees im Sommer aufgrund der Sonneneinstrahlung stark absinkt. Tatsächlich ist dies jedoch nicht der Fall. Über die Sommermonate hinweg wird gezielt Wasser aus dem Stausee, unter anderem in die Weser, abgelassen, um den Wasserstand dort zu erhöhen und die Schifffahrt sicherzustellen. Dies führt dazu, dass der Pegel des Edersees im Laufe des Sommers stetig sinkt und nach und nach die alten Gebäude aus der Versenkung auftauchen. Den aktuellen Wasserstand und Informationen darüber, welche Teile von „Edersee Atlantis“ bereits sichtbar sind, kannst du tagesaktuell auf der offiziellen Website des Edersees einsehen.
Hier werfen wir einen kurzen Blick auf die faszinierenden Ruinen von „Edersee Atlantis“:
Die Aseler Brücke
Die historische vierbogige Brücke von Asel, die zwischen 1887 und 1890 erbaut wurde, gilt als das am besten erhaltene Bauwerk aus der alten Edertalzeit. Dieses beeindruckende Bauwerk ist heute ein geschütztes Kulturerbe und kann von Besuchern begangen werden. Ihre majestätische Erscheinung wird sichtbar, sobald der Wasserstand des Edersees etwa 235 Meter über dem Normalnull erreicht.
Die Brücke von Asel ist nicht nur ein architektonisches Juwel, sondern auch ein Fenster in die Vergangenheit, das uns die Geschichte und die Bedeutung dieses Ortes näherbringt. Ein Spaziergang über die Brücke ermöglicht es den Besuchern, die alten Zeiten wieder aufleben zu lassen und die einzigartige Atmosphäre dieses historischen Relikts zu erleben.
Die Dorfstelle Bringhausen
Ab einem Wasserstand von etwa 231 Metern über dem Normalnull können an der ehemaligen Stelle des Dorfes Alt-Bringhausen immer noch einige Grundmauern, Gräberfelder und die historische Bringhausen-Brücke bewundert werden. Diese Brücke verband einst die Orte Bringhausen und Nieder-Werbe. Des Weiteren wird bei diesem Wasserstand auch die Liebesinsel in ihrer vollen Pracht sichtbar, die normalerweise nicht zu Fuß erreicht werden kann.
Zugegebenermaßen erfordern einige der Ruinen an dieser Stelle eine gehörige Portion Fantasie, um sich vorstellen zu können, wie es hier wohl in vergangenen Zeiten ausgesehen haben mag. Trotzdem bieten diese Überreste einen faszinierenden Einblick in die Geschichte und vermitteln eine gewisse Atmosphäre vergangener Tage, die hier einst gelebt wurden. Es ist eine Reise in die Vergangenheit und eine Chance, sich mit der Geschichte und der Bedeutung dieser Orte näher vertraut zu machen.
Wir stießen hier in der Gegend von Alt-Bringhausen ganz unerwartet auf einen bezaubernden Fotospot, der sich in eine blühende Oase verwandelt. Diese überraschende Verwandlung der Landschaft verleiht diesem Ort eine besondere Magie, die sich am besten selbst erleben lässt. Es ist ein Ort der Schönheit und des Staunens, der uns daran erinnert, wie die Natur in der Lage ist, sich immer wieder neu zu erfinden und uns mit ihrer Pracht zu verzaubern.
Die Bericher Hütte und das Sperrmauermodell
Am Eingang zur Werber Bucht befand sich einst die Bericher Hütte, die jedoch bereits 1875 aufgegeben wurde und zur Zeit des Sperrmauerbaus im Wesentlichen eine Ruine war. Ebenfalls in dieser Gegend befand sich ein Sperrmauermodell im Maßstab 1:40, das dazu diente, die Wasserablässe der im Bau befindlichen Sperrmauer zu testen. Diese beiden historischen Überreste werden erst sichtbar, wenn der Wasserstand des Edersees etwa 223 bzw. 221 Meter über dem Normalnull erreicht.
Während meines Besuchs konnte ich bereits die Überreste der Bericher Hütte erkunden, jedoch war das Sperrmauermodell zu dieser Zeit noch nicht sichtbar. Die Geschichte dieser Orte und ihre Verbindung zur Entstehung der Edertalsperre machen sie zu faszinierenden Überbleibseln einer vergangenen Zeit, die bei entsprechendem Wasserstand wieder zum Vorschein kommen.
Die Dorfstelle Berich und das Gräberfeld von Berich
Bei einem Wasserstand von 232 Metern über dem Normalnull ist heute an der Stelle des ehemaligen Dorfes Berich immer noch ein historisches Gräberfeld sichtbar. Ursprünglich befand sich an diesem Ort ein wohlhabendes Nonnenkloster sowie die Kirche von Berich. Die Bewohner des Dorfes entschlossen sich jedoch, die Kirche abzutragen und in Neu-Berich wieder aufzubauen. Dieses faszinierende Gräberfeld und die Relikte des Klosters und der Kirche bieten Einblicke in die bewegte Geschichte dieser Region und erzählen von den Veränderungen und Anpassungen, die im Laufe der Zeit stattgefunden haben.
Gut Vornhagen
Die Überreste von Gut Vornhagen, das einst am Fuße des malerischen Schlossbergs von Waldeck thronte, werden ab einem Wasserstand von etwa 218 Metern über dem Normalnull sichtbar. Dieses historische Anwesen zeugt von vergangenen Zeiten und vermittelt einen Eindruck von der einstigen Pracht und Bedeutung dieser Region. Beim Betrachten der Überreste von Gut Vornhagen können Besucher in die Geschichte eintauchen und sich vorstellen, wie das Leben an diesem Ort in längst vergangenen Tagen ausgesehen hat.
Strände am Edersee
Strandbad Waldeck, Badestrand Rehbach und die malerische Halbinsel Scheid bieten verschiedene Möglichkeiten, die Ufer des Edersees zu genießen. Das Strandbad in Waldeck, der Badestrand in Rehbach und die Halbinsel Scheid sind ideale Orte für einen entspannten Tag am See, sei es beim Schwimmen, Sonnenbaden oder Wassersport.
Das Strandbad Waldeck, ein beliebter Treffpunkt für Besucher, verfügt über Einrichtungen und Annehmlichkeiten, die deinen Tag am See besonders angenehm gestalten. Der Badestrand in Rehbach lädt zu erfrischenden Tauchgängen und entspannten Spaziergängen entlang des Wassers ein. Die Halbinsel Scheid bietet eine reizvolle Mischung aus Liegewiesen und einem Hundestrand, um die Bedürfnisse aller Besucher zu erfüllen.
Egal, ob du einen aktiven Tag am Wasser planst oder einfach nur die herrliche Naturkulisse genießen möchtest, diese Orte am Edersee sind definitiv einen Besuch wert. Sie ermöglichen es dir, die Schönheit und Vielfalt des Sees in vollen Zügen zu erleben.
Erkunden der Edersee-Region zu Fuß
Wandern am Edersee? Aber sicher! Schließlich befinden wir uns in einer der größten Waldregionen Deutschlands, dem Nationalpark Kellerwald-Edersee. Wenn du die Natur wirklich ausgiebig zu Fuß erkunden möchtest, dann bietet sich der 68 Kilometer lange Urwaldsteig rund um den Edersee an, den du in mehreren Etappen bewältigen kannst. Doch auch für Kurzurlauber und Wanderanfänger gibt es reizvolle Möglichkeiten, in den Genuss von Wandertouren und atemberaubenden Ausblicken zu kommen, ohne zu viel Zeit in Anspruch zu nehmen. Im Folgenden stelle ich dir zwei kürzere Rundwanderwege vor, die sich hervorragend für eine entspannte Wanderung eignen:
Wanderung zur Uhrenkopfkanzel
Die Uhrenkopfkanzel thront majestätisch über der Edersee-Talsperre und bietet einen wahrlich beeindruckenden Blick auf dieses imposante Bauwerk und den malerischen See. Bereits vom Fuße des Berges, hoch über der Staumauer, kannst du die Kanzel erkennen, wenn du genau hinsiehst. Keine Sorge, die Wanderung dorthin ist alles andere als anspruchsvoll! Der Ausgangspunkt befindet sich gegenüber dem Hotel Ederseeblick, wo ein schmaler Pfad in den Wald führt. Folge einfach den gut ausgeschilderten Wegen oder den Routen, die auf Google Maps verzeichnet sind. So findest du mühelos deinen Weg zur Uhrenkopfkanzel und kannst schon bald den atemberaubenden Panoramablick genießen.
Die Route mag zwar recht steil sein, aber sie ist wirklich nicht allzu lang. Schon nach etwa 15 Minuten Wanderung erreichst du die Uhrenkopfkanzel. Oben angekommen, eröffnet sich vor dir wahrscheinlich der schönste Ausblick auf die Staumauer, den der Edersee zu bieten hat.
Wanderung zum Aussichtspunkt Kanzel am Edersee
Wenn du von der Uhrenkopfkanzel aus dem ausgeschilderten Kanzel-Rundweg einfach weiter folgst, erreichst du nach etwa 25 weiteren Minuten den Aussichtspunkt Kanzel am Edersee. Dieser liegt etwas abseits der Staumauer in Richtung Waldeck, bietet jedoch ebenfalls einen wunderbaren Blick auf den Edersee.
Empfehlung:
Wenn es um Hotels und Restaurants am Edersee geht, wirst du wahrscheinlich feststellen, dass der Charme der 80er Jahre immer noch gegenwärtig ist. Obwohl das Angebot an schönen, modernen Unterkünften in den letzten Jahren zugenommen hat, sind fancy Boutiquehotels und vegane Restaurants hier eher Mangelware. Für mich persönlich stellt das kein Problem dar, aber ich möchte dir dennoch einige Empfehlungen geben, bei denen du mehr als rustikale Eiche und Schnitzel mit Pommes erwarten kannst.
Das Restaurant Pfannkuchenhaus, das sich im ehemaligen Bahnhof des malerischen Örtchens Netze befindet, serviert, wie der Name schon sagt, eine breite Palette an köstlichen Pfannkuchen in verschiedenen Variationen. Das Restaurant ist liebevoll eingerichtet und die Pfannkuchen sind wahrlich köstlich.
Eine weitere ungewöhnliche Perle ist Zündstoff City, ein Bikertreff der etwas anderen Art, der wie eine amerikanische Westernstadt gestaltet ist und sich unmittelbar in der Nähe der Edersee Staumauer und des Affolderner Sees (eines der Nebengewässer des Edersees) befindet. Hier findest du nicht nur ein Restaurant, das köstliche Pastrami-Sandwiches serviert, sondern auch ein Motel mit stilvollen und makellosen Zimmern zu erschwinglichen Preisen.
