Salzburg: Die nordische Antwort auf Rom

Obwohl ich persönlich nicht stark religiös bin, ziehen mich Kirchen und religiöse Stätten stets an, wenn ich fremde Orte erkunde. Sie sind lebendige Zeugen der Kultur und Gesellschaft eines Ortes. In Salzburg ist die Präsenz von Kirchen mit 800 Jahren Kirchengeschichte allgegenwärtig, und es ist nahezu unmöglich, ihnen bei einer Sightseeing-Tour zu entkommen.

Die erste wichtige Lektion, die ich in Salzburg gelernt habe, ist die Tatsache, dass die Stadt aufgrund ihrer Vielzahl von Kirchen oft als das „Rom des Nordens“ bezeichnet wird. Ich fand das äußerst amüsant, da ich gerade erst von einer Reise nach Venedig und Rom zurückgekehrt war. Und so konnte ich direkte Vergleiche ziehen: Tatsächlich hat Salzburg einige italienische Einflüsse. Dies zeigt sich nicht nur in der Architektur, die maßgeblich von Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau (1559-1617) geprägt wurde, sondern auch in der Lebensfreude der Salzburger und dem Hauch von Dolce Vita, der durch die Stadt weht. Musik, Kunst und Kultur spielen hier eine bedeutende Rolle, und die gute Stimmung bleibt trotz des oft vorkommenden „Schnürlregens“ in Salzburg erhalten. Und natürlich, ganz wie es zu einer fast-italienischen Stadt gehört, ist die Liebe zum leckeren Essen, gewürzt mit einer Prise Frömmigkeit, allgegenwärtig. Salzburg und Italien trennen wirklich nur wenige Kilometer.

Der verborgene Reichtum von Wolf Dietrich von Raitenau, dem Fürsterzbischof

Jedenfalls war dieser Fürsterzbischof, Wolf Dietrich von Raitenau, wirklich ein ziemlicher Schlingel. Im Rahmen unseres Programms wurde eine unterhaltsame Schnitzeljagd organisiert, bei der wir den vermeintlichen Schatz des Fürsterzbischofs aufspüren sollten. Einen ganzen Tag lang sausten wir durch Salzburg, nur um am Ende herauszufinden, dass Wolf Dietrichs heimlicher Schatz seine Geliebte Salomé war, mit der er erstaunliche 15 Kinder hatte. Das Zölibat schien damals nicht gerade streng durchgesetzt worden zu sein! Tatsächlich war die Kirche damals offenbar genauso dramatisch wie eine Soap-Opera. Aber ich will mich nicht beklagen, schließlich wird Salomé nachgesagt, dass sie die köstlichen Salzburger Nockerln erfunden hat. Ohne sie und den abenteuerlustigen Wolf Dietrich wäre ich vielleicht um ein Lieblingsdessert ärmer!

Salomé findet sich auch ganz dezent in der winzigen Verzierung an der Kuppel des ansonsten prächtigen Mausoleums von Wolf Dietrich von Raitenau. Obwohl ein Blick ins Mausoleum normalerweise nicht gestattet ist, haben wir trotzdem die Gelegenheit genutzt, um den Friedhof St. Sebastian zu besuchen, auf dem sich dieses eindrucksvolle Monument befindet. Dieser Friedhof alleine ist schon einen Besuch wert und verströmt eine ganz besondere Atmosphäre.

Die Katakomben von St. Peter

Ich bin nicht gerade ein passionierter Friedhofsgänger, da Friedhöfe oft eine leicht gespenstische Atmosphäre ausstrahlen und mich ein wenig beklemmen. Dennoch konnte ich in Salzburg nicht widerstehen, einen kurzen Abstecher in die Welt der Friedhöfe zu machen. Die Geschichten und Kuriositäten, die sich hier auftun, sind einfach zu verlockend. Zum Beispiel erzählt man von einem Salzburger, der angeblich alle sieben seiner Frauen durch Kitzeln zu Tode gebracht hat. Die Gräber dieser Frauen befinden sich auf dem St. Peter Friedhof, ganz in der Nähe des Salzburger Doms und am Fuße der majestätischen Festung Hohensalzburg.

Abgesehen von den Gräbern berühmter Persönlichkeiten wie Mozarts ebenso talentierter Schwester Nannerl und Johann Michael Haydn, einem Pionier der geistlichen Musik, bietet der Friedhof St. Peter noch einen weiteren faszinierenden Anziehungspunkt: die sogenannten Katakomben. Die Bezeichnung „Katakomben“ mag vielleicht etwas irreführend sein, denn diese in den Fels gehauenen Höhlen dienten nie als Gräber. Dennoch trägt der Begriff dazu bei, eine mystische Atmosphäre zu schaffen, die Besucher in ihren Bann zieht.

Die Höhlen über dem St. Peter-Friedhof haben in der Tat etwas Geheimnisvolles und erinnern ein wenig an echte Katakomben. Von hier aus genießt man außerdem die atemberaubendsten Ausblicke auf die malerische Stadt Salzburg. Der Besuch der Katakomben und die Erkundung des Friedhofs bieten somit nicht nur Einblicke in die Geschichte und das kulturelle Erbe der Stadt, sondern auch die Möglichkeit, die herrliche Aussicht auf Salzburg zu bewundern.

Der Salzburger Dom und das Dom-Museum

Gleich in der Nähe befindet sich der imposante Salzburger Dom, der zweifellos zu den Hauptattraktionen der Stadt gehört. Seine beeindruckende Größe und Architektur haben nicht nur gläubige Menschen, sondern auch mich, jemanden, der normalerweise nicht so oft Kirchen besucht, beeindruckt. Dies wurde mir bereits bei meinem ersten Besuch in Salzburg im Frühjahr deutlich.

Um die Menschenmassen zu umgehen, empfiehlt es sich, das Dom-Museum zu besuchen, das sich direkt neben dem Dom befindet. Der Eintritt ist zwar kostenpflichtig, aber wenn man im Voraus eine Salzburg Card erwirbt, kann man einfach an der Warteschlange vorbei und ohne weitere Verzögerung eintreten.

Die Salzburg Card, erhältlich für 24, 48 oder 72 Stunden, ist zwar mit Kosten verbunden, aber sie lohnt sich, wenn man plant, mehrere Sehenswürdigkeiten wie die Festung Hohensalzburg, verschiedene Museen oder den Mönchsberg zu besuchen. Diese Karte ermöglicht es, die kulturellen Schätze der Stadt ohne Unterbrechungen zu genießen.

Der Aufstieg zum Dom-Museum führt über auffällig breite, flache und lange Treppen. Nein, diese architektonische Wahl wurde nicht getroffen, um den Damen mit ihren wallenden Kleidern einen eleganten Aufstieg zu ermöglichen. Stattdessen befanden sich die Pferdeställe im oberen Stockwerk, und die armen Pferde mussten tagtäglich diese Treppen rauf und runtergehen. Ein Blick in die Vergangenheit offenbart die Strapazen, die diese Tiere auf sich nehmen mussten.

Die Pferde mochten sich vielleicht nicht sonderlich um die prächtigen Räumlichkeiten gekümmert haben, aber für uns Menschen sind sie zweifellos beeindruckend. Der Weg durch das Dom-Museum führt zu einer Terrasse mit einem atemberaubenden Ausblick und einigen versteckten Treppen, die den Besucher direkt auf die Empore hinter der antiken Domorgel führen. Es scheint, als wüssten nur wenige Besucher von diesem Geheimtipp, da man hier oben in Ruhe den großartigen Blick auf das Innere des Doms genießen kann, während unten die Massen sich durch die Gänge drängeln.

Viele Besucher übersehen auch eines der kleinen, aber faszinierenden Geheimnisse des Doms. Direkt am Hauptportal sind zarte Kratzereien im Stein zu finden, vermutlich von Wachpersonal, das sich vor Hunderten von Jahren gelangweilt hat – eine Art mittelalterliche Street Art! Dieses einzigartige Detail erzählt eine stille Geschichte aus längst vergangenen Zeiten, die nur darauf wartet, von aufmerksamen Entdeckern bemerkt zu werden.

Tipps

Ein Geheimtipp für die Kirchenliebhaber in Salzburg ist die Kajetanerkirche, die die Scala Santa beherbergt – ein jahrhundertealter Nachbau des berühmten Originals in Rom. Letzteres soll angeblich aus dem Palast des Pontius Pilatus stammen und der Ort sein, den Jesus vor seinem Prozess betreten hat. Ob diese Legende der Wahrheit entspricht, sei dahingestellt, aber eins ist sicher: Die Salzburger Scala Santa darf nur auf Knien betreten werden, und dies wird vor Ort ernsthaft überwacht! Im Gegenzug erhalten gläubige Katholiken möglicherweise einen Sündenerlass. Dieses beeindruckende Relikt befindet sich in einem Nebenraum der ansonsten wunderschönen Kajetanerkirche und ist nur für eine Stunde pro Woche zugänglich oder auf Knien begehbar. Diese besondere Stunde ist jeden Samstag von 10 bis 11 Uhr und kein bisschen früher oder später. Aus diesem Grund bleibt die Scala Santa ein echter Geheimtipp in Salzburg.

Stift Nonnberg

Das Mystische erreichte seinen Höhepunkt, als wir im Morgengrauen zum Nonnberg aufbrachen, genauer gesagt zum Benediktinerstift Sankt Nonnberg. Hier, wo einst Szenen des klassischen Hollywood-Films „The Sound of Music“ gedreht wurden, verbirgt sich auch heute noch ein wohlgehütetes Salzburger Geheimnis, von dem nicht einmal alle Einheimischen wissen.

Im Stift Nonnberg beginnen die Benedikternonnen ihren Tag stets und ohne Ausnahme mit dem feierlichen Gesang von Chorälen. Besucher haben die Möglichkeit, in der Kirche Platz zu nehmen, in gedämpftem Licht die andächtige Atmosphäre zu erleben und den wundervollen Gesängen zu lauschen. Nach dieser erhebenden Erfahrung wird man draußen mit einem atemberaubenden Sonnenaufgang über dem malerischen Nonntal belohnt.

Wallfahrtskirche Maria Plain

Pilgernde Gläubige zieht es nach Maria Plain, um dort ihrer religiösen Verehrung nachzugehen. Doch was erwartet diejenigen, die nicht aus religiösen Gründen hierherkommen? Sie können in vollen Zügen die atemberaubende Aussicht auf Salzburg, die majestätischen Berge, die sattgrüne Landschaft und das traditionelle Brauchtum genießen. Es ist ein Ort, an dem spirituelle Erlebnisse und die Schönheit der Natur harmonisch aufeinandertreffen, sodass Besucher jeden Glaubens und jeder Weltanschauung etwas ganz Besonderes finden.

Die Wallfahrtskirche Maria Plain hat eine faszinierende Entstehungsgeschichte aus dem 17. Jahrhundert. Ihr Ursprung liegt in einem dramatischen Hausbrand, bei dem das Gnadenbild Maria Plain als einziges Objekt unbeschadet blieb. Dieses außergewöhnliche Ereignis wurde von den Gläubigen als ein Wunder betrachtet, das die Errichtung einer Kirche rechtfertigte. Heute ist Maria Plain ein bedeutender Wallfahrtsort, der sogar Teil des österreichischen Jakobswegs ist. Hier verweben sich Glaube und Historie auf faszinierende Weise inmitten der malerischen österreichischen Landschaft.

Übrigens, wer den sonntäglichen Gottesdienst in Maria Plain besucht, erlebt nicht nur eine spirituelle Erfahrung, sondern taucht auch tief in die lokale Kultur ein. An diesem Tag kleiden sich die Gläubigen in ihrer besten Tracht, und die prachtvoll restaurierte Kapelle bietet eine beeindruckende Kulisse für den Gottesdienst. Das harmonische Miteinander von Tradition und Glauben vor der atemberaubenden Bergkulisse der Alpen macht diesen Moment zu einem einzigartigen Erlebnis. Es ist eine Gelegenheit, die tiefe Verbundenheit der Menschen in dieser Region mit ihrer Kultur und Religion zu spüren.

Eine großartige Möglichkeit, Maria Plain in die Sightseeing-Tour einzubeziehen, ist die Anmietung eines E-Bikes in Salzburg. Die elektrische Unterstützung macht das Bewältigen der Hügel und Anstiege wesentlich angenehmer. Eine Radtour entlang der malerischen Salzach ermöglicht nicht nur eine angenehme Fahrt, sondern auch atemberaubende Aussichten auf die Umgebung.

Auf halbem Weg nach Maria Plain gibt es ideale Plätze für Pausen und Erholung. Der „Plainer Ansitz“ ist eine hervorragende Wahl, um eine zünftige Brotzeit und ein erfrischendes Stiegl-Bier zu genießen. Hier kann man sich stärken und die schöne Aussicht bewundern. Alternativ bietet der benachbarte Gasthof Maria Plain eine gehobenere Option für eine kulinarische Pause in idyllischer Umgebung. Die Kombination aus Radtour, Landschaft und kulinarischem Genuss macht diesen Ausflug zu einem unvergesslichen Erlebnis.

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